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Der Hund im Büro. Oder: Unser Experte für Kreativpausen
Schnell noch eine E-Mail fertig tippen, vom Meeting mit dem einen Kollegen zum Drucker und schließlich zurückrennen. Schnell ein paar Anrufe tätigen. Nochmal zum Drucker rennen, weil man die Hälfte vergessen hat. Dazwischen schnell ein paar Schluck Kaffee trinken. Ja, es gibt so Momente im Büro, da kommt einfach alles zusammen. Weil eben gerade das Telefon läutet, wenn man etwas zu tun hat. Weil man nun mal gerade beide Projekte zugleich abschließen möchte. Weil man sich in der Zeitplanung einfach verschätzt hat.
Der allgemeine Tenor ginge in solchen Situationen in die Richtung: Schnell einen Kaffee trinken, kurz durchatmen, vielleicht ein bisschen lüften oder einfach einen Moment im Kreis gehen, um sich zu beruhigen. Dabei geht es so viel einfacher.
Stresskiller Nr. 1
Einfach in die Hocke gehen und streicheln – große, weiche Schlappohren, die sich wie Samt anfühlen, einen Hundekopf, der sich sanft gegen deine Hand drückt. Wenn der Kleine gerade besonders gut drauf ist, folgt vielleicht auch noch ein kurzes Schlecken über die Finger. Und schon ist die Welt wieder in Ordnung, der Stress gar nicht mehr so stressig und die Kreativität wieder aufgetankt.
Es hat schon fast etwas Hypnotisches, wenn man das im Hundebett zusammengerollte Fellknäuel betrachtet oder es sogar streichelt. Oft kommt als Antwort zwar nur ein tiefes Grunzen, weil der Kleine eigentlich lieber schlafen möchte, meistens reagiert er aber mit Freude auf Besucher. Ach, einmal Hund sein: Den ganzen Tag gemütlich im Hundebettchen schlafen und dazwischen immer wieder von freundlichen Menschen gestreichelt werden. Einige spielen sogar ein bisschen mit dir und dazwischen gibt es auch mal Leckerlis.
Ein langer Weg
Soviel zum Status quo. Denn aus heutiger Sicht ist mein Merlin tatsächlich der perfekte Bürohund, der sich gut benimmt, niemanden stört und im Falle akuten Stresses für die nötige Kreativpause meiner Kollegen sorgt. Aber natürlich bin ich nicht einfach so mit ihm ins Büro spaziert und er war dann da.
Ganz im Gegenteil: Ich habe mir schon Monate vor seinem „Arbeitsbeginn“ Gedanken über den Ablauf gemacht und überhaupt mich erst dann für einen Hund entschieden, als ich wusste, dass dieser auch mit in die Arbeit kommen darf. Als es dann soweit war, war ich wohl nervöser als er.
Der erste Tag
An besagtem Tag war mein kleines Samtmäulchen gerade mal etwas mehr als eine Woche bei mir. Zuvor hatte ich mir frei genommen, um ihn erst mal zu Hause willkommen zu heißen. Dort wurde auch seine große Stoffbox von ihm eingeweiht, damit er sich daran gewöhnen konnte.
Mit Hund, Stoffbox und allerlei anderen wichtigen Dingen (Futter- und Wasserschüsseln, Leckerlis, Spielzeug, Leine) sind Merlin und ich schließlich an seinem ersten Tag angetreten. Die Stoffbox kam flugs in die Ecke neben meinem Schreibtisch und der Hund gleich hinein. Tatsächlich verhielt er sich von Anfang an vorbildlich und lag einfach in seiner Box, während ich begann, meinen Computer hochzufahren und es mir gemütlich zu machen.
Bis der erste Arbeitskollege kam. Denn wie Labradors nun mal sind, muss jede Bewegung sofort genau untersucht und jeder sich nähernde Mensch gleich begrüßt werden. (Natürlich war nicht nur der Welpe vom Kollegen begeistert, sondern auch umgekehrt.) Dieses Szenario folgte nun so oft, wie ich Kollegen habe. Puh. Anstrengede Begrüßungsphase.
Auch der Rest des Tages war nicht weniger aufregend: Schnelles Zum-Pinkeln-Hinausgehen jedes Mal, wenn der Kleine zu Schnüffeln anfängt, besorgtes immer wieder Wasser und Futter anbieten, weil er einfach zu nervös war, um zu trinken oder zu essen und hundert Mal den stürmischen Welpen wieder in die Box setzen, wenn er aufgrund eines Geräusches wieder neugierig geworden war – schließlich sollte er lernen, auch dann ruhig auf SEINEM Platz zu bleiben, wenn andere Menschen in der Nähe sind oder ich eben mal nicht auf MEINEM Platz bin.
Und jetzt
Heute komme ich mit demselben Hund ins Büro (wichtige Dinge wie Stoffbox, Wasserschüssel oder Leckerlis sind schon da), der sich dann automatisch nach seiner Schnüffelrunde quer durch den Raum in seine Box neben meinem Schreibtisch begibt. Kaum dort angekommen, rollt er sich auch schon zu einer Kugel zusammen und döst vor sich hin. Hereinkommende Kollegen werden vielleicht kurz angeblinzelt, manchmal sogar demonstrativ angeschnarcht. Und wenn ich aufstehe, rührt er nicht mal ein Ohr.
Soll heißen: Man gewöhnt sich an alles. Was am ersten Tag – und in viiiieeelen Tagen danach – noch die pure Aufregung war, hat sich mit der Zeit, mit der Gewohnheit und mit GANZ VIEL KONSEQUENZ meinerseits in ein entspanntes und harmonisches Miteinander verwandelt. Merlin genießt seine Schlafstunden in der Box, begleitet mich aber auch gerne mal in eine Kaffeepause oder ein Meeting und rennt einfach so mal gerne zu einer Kollegin, um zu spielen. Mittags geht es für eine kurze Gassi-Runde raus und dann wird auch schon wieder weitergeschlafen.
Heute hat mein Samtmäulchen einen wichtigen Platz in unserer Bürogemeinschaft und wird sehr vermisst, wenn wir mal eine Woche auf Urlaub sind (richtig, er wird vermisst, nicht ich). Ich kann also nur jedem empfehlen, den Hund mit ins Büro zu nehmen, da er wirklich für gute Stimmung und eine positive Umgebung sorgt. Aber: Es müssen natürlich immer sowohl die Vorgesetzen als auch Kollegen absolut einverstanden sein und man muss auch viel Zeit in Erziehung investieren, um ihn soweit zu bringen, dass er entspannt ist und alle anderen nicht gestört sind. Wenn ihr mehr zu den postitiven Effekten eines Bürohunds und die Voraussetzungen dafür erfahren wollt, schaut doch mal in diesen Artikel.
Und trotzdem darf man die Sache nicht zu eng sehen. Denn auch heute – obwohl ich mir eigentlich sicher sein kann, dass er auf seinem Platz bleibt, wenn ich aufstehe – höre ich noch ab und an ein leises Pfotengetrappel hinter mir, wenn ich aus dem Raum gehe. Drehe ich mich um, blicke ich schließlich in zwei riesige dunkelbraune Augen, umrahmt von zwei großen nach hinten geklappten Schlappohren. Wer kann da schon widerstehen?
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